997.1 Carrera und Carrera S (2004-2008)
Kaufberatung
Die erste Generation des Porsche 911 der Baureihe 997, intern als 997.1 bezeichnet und von Modelljahr 2005 bis 2008 produziert, markierte eine Rückkehr zu klassischen Designelementen wie den runden Scheinwerfern, kombinierte dies jedoch mit moderner Technik und gesteigerter Leistung gegenüber dem Vorgänger 996.
Obwohl der 997.1 als deutliche Verbesserung gegenüber dem 996 gilt und viele seiner Kinderkrankheiten ausmerzte, ist auch diese Generation nicht frei von spezifischen Schwachstellen, die potenzielle Käufer kennen sollten.
Insbesondere die Motoren der Baureihen M96 (im frühen 3.6 Carrera) und M97 (im späteren 3.6 Carrera und im 3.8 Carrera S) stehen im Fokus der Diskussionen.
Motorspezifische Schwachstellen (M96/M97)
Das Herzstück eines jeden Porsche 911 ist sein Motor, und beim 997.1 Carrera und Carrera S sind dies die wassergekühlten Sechszylinder-Boxermotoren M96 und M97. Diese Aggregate sind zwar leistungsstark und drehfreudig, haben aber über die Jahre einige potentielle Schwachstellen offenbart, die zu kostspieligen Reparaturen führen können.
Eine der bekanntesten und am meisten diskutierten Schwachstellen ist das Lager der Zwischenwelle (Intermediate Shaft Bearing, IMS). Dieses Lager stützt die Zwischenwelle, die die Kurbelwelle mit den Nockenwellen verbindet. Insbesondere bei den früheren M96-Motoren und den frühen M97-Motoren (bis etwa Modelljahr 2006) wurde ein relativ kleines Kugellager verwendet, das unter bestimmten Umständen versagen kann. Ein solcher Ausfall ist in der Regel katastrophal und führt zu einem kapitalen Motorschaden, da Metallteile im gesamten Ölkreislauf verteilt werden. Ab Modelljahr 2006/07 verbaute Porsche ein größeres, robusteres Lager, das jedoch fest im Motorgehäuse integriert und nicht mehr ohne Zerlegung des Motors austauschbar ist. Obwohl dieses größere Lager als deutlich zuverlässiger gilt, sind vereinzelte Ausfälle auch hier nicht gänzlich ausgeschlossen. Als Lösung für die früheren, austauschbaren Lager hat sich der präventive Austausch gegen verstärkte Keramik- oder Rollenlager aus dem Zubehörmarkt etabliert. Diese Maßnahme wird oft im Zuge eines Kupplungswechsels durchgeführt und kostet typischerweise zwischen 1.500 und 3.000 Euro. Für Fahrzeuge mit dem späteren, nicht servicefreundlichen Lager konzentrieren sich präventive Maßnahmen auf sorgfältige Wartung, regelmäßige Ölanalysen zur Früherkennung von Verschleiß und den Einbau von Überwachungssystemen (z.B. IMS Guardian), die vor einem drohenden Lagerschaden warnen können.
Ein weiteres ernstes Problem, das vor allem die 3.8-Liter-Motoren (M97) im Carrera S betrifft, aber auch bei den 3.6-Liter-Varianten auftreten kann, ist das sogenannte Zylinderlaufbahn-Scoring oder der Kolbenkipper ("Bore Scoring"). Hierbei kommt es zu Riefenbildung an den Zylinderwänden, meist auf der Zylinderbank 2 (Zylinder 4-6). Die Ursachen sind komplex und werden auf eine Kombination aus Faktoren wie thermischer Belastung, unzureichender Schmierung unter bestimmten Bedingungen, Kolbendesign und möglicherweise Materialeigenschaften zurückgeführt. Symptome sind erhöhter Ölverbrauch, ein tickendes oder klopfendes Geräusch aus dem Motorraum (besonders im Leerlauf bei warmem Motor) und letztlich Leistungsverlust bis hin zum Motorschaden. Eine zuverlässige Diagnose ist oft nur mittels Endoskopie der Zylinder möglich, was bei einer Kaufprüfung dringend empfohlen wird. Die einzige nachhaltige Lösung bei fortgeschrittenem Scoring ist eine Motorrevision, bei der die Zylinder aufgebohrt und mit widerstandsfähigeren Laufbuchsen aus Stahl oder mit einer Nikasil- Beschichtung versehen werden. Solche Reparaturen sind aufwendig und kostenintensiv, typischerweise im Bereich von 10.000 bis über 20.000 Euro, bieten aber die Chance, den Motor robuster als im Originalzustand wiederaufzubauen. Präventivmaßnahmen umfassen das sorgfältige Warmfahren des Motors, die Verwendung hochwertiger Öle, regelmäßige Ölwechsel und -analysen sowie eventuell den Einbau eines Thermostats mit niedrigerer Öffnungstemperatur, um die Betriebstemperaturen zu senken.
Weniger häufig als Bore Scoring, aber dennoch relevant, sind mögliche Risse in den Zylinderlaufbuchsen. Auch dies führt unweigerlich zu einer kostspieligen Motorrevision. Ebenfalls ein Klassiker bei vielen Porsche-Modellen dieser Ära ist der Kurbelwellensimmerring (Rear Main Seal, RMS) auf der Getriebeseite, der zu Ölleckagen neigen kann. Der Austausch ist zwar keine triviale Arbeit, da das Getriebe ausgebaut werden muss, wird aber oft bei einem Kupplungswechsel kostengünstig miterledigt. Die Kosten für einen reinen RMS-Tausch liegen sonst bei etwa 500 bis 1.500 Euro.
Weitere potenzielle Schwachstellen
Neben den motorspezifischen Themen gibt es weitere Bereiche, die beim 997.1 Aufmerksamkeit erfordern.
Kühlsystem: Die Wasserpumpe kann aufgrund ihres Kunststoff-Impellers ausfallen (präventiver Austausch alle 60-80k km ratsam, ca. €500-€1.000). Der Kühlmittelausgleichsbehälter neigt zur Rissbildung (Austausch ca. €300-€600). Vordere Kühler und Klimakondensatoren sind durch Steinschlag/Korrosion gefährdet (Austausch je ca. €500-€1.500). Schutzgitter können helfen.
Fahrwerk/Bremsen: Üblicher Verschleiß. PASM-Dämpfer können undicht werden/ausfallen (Austausch achsweise ca. €1.000-€2.000). Gummilager können verschleißen. Bremsen sind standfest, aber teuer im Austausch.
Innenraum/Karosserie: Soft-Lack-Oberflächen können abnutzen. Fensterheber/ Schalter können ausfallen. Generell hohe Verarbeitungsqualität.
Kostenübersicht (Schätzungen):
IMS-Lager Tausch (präventiv, nur frühe Modelle): €1.500 - €3.000
Motorrevision (Bore Scoring): €10.000 - €20.000+
Kurbelwellensimmerring (RMS): €500 - €1.500
Wasserpumpe: €500 - €1.000
Kühler / Klimakondensator: €500 - €1.500 (pro Stück)
PASM Dämpfer: €1.000 - €2.000 (pro Achse)
Gebrauchtwagenpreise (Mai 2025):
Die Preise für den 997.1 Carrera und Carrera S variieren stark je nach Zustand, Laufleistung, Ausstattung und ob es sich um ein Coupé oder Cabrio handelt. Frühe Modelle mit höherer Laufleistung (>100.000 km) sind teilweise ab ca. 45.000 Euro zu finden. Gut gepflegte Exemplare mit moderater Laufleistung (50.000 - 100.000 km) bewegen sich typischerweise im Bereich von 50.000 bis 70.000 Euro. Fahrzeuge mit sehr geringer Laufleistung (< 50.000 km) oder besonderen Ausstattungen können auch deutlich darüber liegen. Carrera S Modelle sind tendenziell etwas teurer als die Basis-Carreras. Eine professionelle Kaufprüfung inklusive Endoskopie ist aufgrund der Motorthematik unerlässlich und sollte im Kaufpreis einkalkuliert werden.
Fazit: Der Porsche 997.1 Carrera (S) ist ein begehrenswerter Sportwagen mit klassischem 911-Feeling. Die potentiellen Motorenprobleme erfordern jedoch besondere Aufmerksamkeit und finanzielle Rücklagen. Ein gut geprüftes und gewartetes Exemplar kann jedoch viel Fahrspaß bieten und hat Potenzial zur Wertstabilität.