Allradantrieb beim Porsche 911: Technik, Vorteile, Schwächen und Marktwert

Überblick

Der Allradantrieb – bei Porsche als „PTM“ (Porsche Traction Management) bekannt – ist eine High-Performance-Technologie, die ursprünglich aus dem Motorsport stammt und in vielen Modellen der Baureihen 911, Panamera, Macan, Cayenne und Taycan eingesetzt wird. Während er bei SUVs fast schon Standard ist, sorgt er beim Porsche 911 nach wie vor für Diskussionen – zwischen Pragmatikern, die maximale Traktion suchen, und Puristen, die das klassische Heckantriebs-Feeling bevorzugen.

Technische Umsetzung bei Porsche

Im Gegensatz zu vielen anderen Herstellern verwendet Porsche beim 911 keinen symmetrischen Allradantrieb, sondern ein hecklastig ausgelegtes System. Im Normalbetrieb wird die meiste Kraft an die Hinterräder geleitet. Bei Bedarf kann die Lamellenkupplung an der Vorderachse innerhalb von Millisekunden Kraft nach vorne übertragen. Unterstützt wird dies von PTM, das permanent die Fahrdynamikdaten analysiert (u. a. Lenkwinkel, Schlupf, Gierwinkel, Querdynamik) und die Verteilung aktiv anpasst.

Vorteile des Allradantriebs bei Porsche

1. Maximale Traktion bei jedem Wetter
Ob bei Regen, Schnee oder auf schlechter Fahrbahn – Allrad sorgt für überlegene Traktion. Besonders auf nasser Landstraße oder bei sportlicher Fahrweise in engen Kurven bringt der Antrieb echte Vorteile – z. B. im 911 Turbo oder 911 Carrera 4 GTS.

2. Schnellere Beschleunigung
Da alle vier Räder gleichzeitig Kraft übertragen, sprinten allradgetriebene Modelle in der Regel schneller von 0 auf 100 km/h. Beispiel: Ein 911 Carrera 4S (992) beschleunigt in 3,6 s, sein heckgetriebenes Pendant benötigt 3,8 s.

3. Souveränes Fahrverhalten in Grenzbereichen
In Verbindung mit PASM, PSM und Sport Chrono liefert PTM eine beeindruckende Fahrstabilität – insbesondere für weniger erfahrene Fahrer. Das Fahrzeug bleibt besser kontrollierbar, selbst bei sportlicher Gangart oder auf wechselnden Untergründen.

4. Alltags- und Ganzjahrestauglichkeit
Modelle wie der 911 Carrera 4 oder Targa 4 eignen sich auch für den Ganzjahreseinsatz – besonders in Regionen mit wechselhaftem Wetter oder leichtem Schneefall.

Nachteile des Allradantriebs bei Porsche

1. Höheres Fahrzeuggewicht
Der Allradantrieb bringt ca. 50–70 kg Mehrgewicht mit sich (je nach Modell). Das wirkt sich auf die Agilität, das Ansprechverhalten und den Kraftstoffverbrauch aus – insbesondere im Vergleich zu heckgetriebenen Modellen.

2. Weniger Rückmeldung und „Fahrgefühl“
Viele Enthusiasten bevorzugen den klassisch heckgetriebenen 911 wegen seiner puristischeren Fahrdynamik. Der Allrad vermittelt ein neutraleres Fahrverhalten – sicherer, aber weniger emotional.

3. Komplexität & Kosten
Mehr Bauteile bedeuten höhere Wartungs- und Reparaturkosten. Kupplung, Kardanwelle, Vorderachsgetriebe und Sensorik sind potenzielle Schwachstellen im Alter. Beim Gebrauchtkauf sollte besonders auf Leckagen, Lagergeräusche und PTM-Fehlfunktionen geachtet werden.

4. Geringere Effizienz
Trotz moderner Technik verbrauchen allradgetriebene Modelle ca. 0,5–1,0 l/100 km mehr als ihre RWD-Pendants. In Zeiten hoher Kraftstoffpreise kann das ein relevanter Aspekt sein – insbesondere im Alltag.

Besonderheit beim Gebrauchtkauf eines 911

Auf dem Gebrauchtmarkt zeigt sich ein interessanter Trend:
Allrad-Modelle sind oft günstiger als vergleichbare heckgetriebene Varianten. Warum? Puristen bevorzugen den klassischen 911 mit Hinterradantrieb – er gilt als authentischer, fahraktiver und „echter“. Das drückt die Nachfrage nach Allradmodellen leicht – obwohl diese objektiv die bessere Performance und Alltagstauglichkeit bieten.

Für Käufer bedeutet das:
Ein 911 mit Allrad kann eine preislich attraktive Wahl sein, insbesondere bei Carrera 4 und 4S Modellen der Baureihen 997, 991 und 992. Wer maximale Traktion und Sicherheit sucht, findet hier oft das bessere Preis-Leistungs-Verhältnis.

Fazit: Für wen lohnt sich der Allrad-911?

Empfehlenswert für:

  • Ganzjahresfahrer in nördlichen Regionen

  • Performance-orientierte Käufer (Turbo, GTS, 4S)

  • Fahrer mit wenig Erfahrung in Grenzbereichen

  • Käufer mit Fokus auf Alltagstauglichkeit und Sicherheit

Weniger ideal für:

  • Puristen und Trackday-Fahrer

  • Fahrer, die das klassische 911-Handling und -Feedback suchen

  • Käufer mit Fokus auf Minimalgewicht und maximale Effizienz

Techniktipp von 911Finder:

Beim Kauf eines gebrauchten 911 mit Allradantrieb (insbesondere 997 oder 991) unbedingt auf gleichmäßigen Reifendurchmesser achten – ungleiche Abnutzung kann das Mittendifferenzial beschädigen. Außerdem lohnt sich ein Check des Lagers der Kardanwelle, der PTM-Diagnosewerte und möglicher Fehlercodes im Steuergerät.